Auf ein paar Zeilen mit Anna Betzl-Reitmeier

 

Postkarte oder SMS?

Am liebsten sehe oder höre ich die Menschen, an die ich denke - aber über erhaltene Postkarten freue ich mich jedes Mal sehr. Bin aber leider trotzdem kein besonders fleißiger Kartenschreiber.

 

Bei welchen privaten oder beruflichen Anlässen muss es bei Dir unbedingt Papier sein und warum?

Sowohl in meinem privaten als auch in meinem Arbeitsalltag befindet sich eigentlich alles, was mir wichtig ist, auf Papier: Ich liebe Bücher, Notizzettel begleiten mich durch den Alltag, erste Projektideen werden handschriftlich in Notizbüchern festgehalten, Noten füllen meine Regale, für mir liebe Menschen wird immer das schönste Briefpapier/Glückwunschkarten ausgewählt, ecetera.

 

Du bist Musikerin- was machst Du genau?

Ich bin eine klassisch ausgebildete Cellistin. Nach dem Studium unter anderem an der Folkwang Universität Essen habe ich meinen Fokus auf Kammermusik gesetzt und mit den Jahren auch immer mehr mit Tänzern, bildenden Künstlern und Regisseuren zusammengearbeitet.

2012 habe ich das Ensemble Ruhr mit Kollegen aus der Kammermusikszene NRW gegründet. Das Kammerorchester besteht aus 17 Streichern, deren Motto es ist: „ Weg vom staubigen Konzertsaal – hin zu den Menschen.“ Unsere Projekte, an deren Entwicklung und Durchführung ich eigentlich immer beteiligt bin, verbindet klassische Musik mit aktuellen Themen der Gesellschaft und nutzt die Musik als Möglichkeit für Begegnung und Austausch.

 

Was war Dein letztes Konzert oder Projekt?

So hatte ich Ende Dezember die Projektleitung für das Musikprojekt HEIMAT? mit Flüchtlingen aus Essen. Das Ensemble Ruhr ging mit Musik von Dvorak in die Flüchtlingsheime und gab für die Menschen vor Ort Konzerte. Aber das war erst der Anfang – wir organisierten Instrumente für die Bewohner, schrieben Arrangements für gemeinsame Stücke, leiteten eine Plakat-Workshop für die Bewerbung eines gemeinsamen öffentlichen Abschlusskonzerts. Uns war es wichtig, dass nicht der Flüchtling sondern der Mensch mit seiner Kultur und seinen Interessen im Mittelpunkt stand. Und dass diese Menschen, die auf der Suche nach eine neuen Heimat sind, die nur dort entstehen kann, wo man sich für einander interessiert und erkennt, eine Bühne bekommen.

Es war ein rund um gelungenes Projekt, das eine Begegnung unterschiedlichster Kulturen auf Augenhöhe ermöglich – ich fühle mich durch alle diese Begegnungen sehr bereichert.

 

Wie funktioniert die Finanzierung eines solchen Projekts?

Ensemble Ruhr wurde 2014 für seinen außergewöhnlichen Ansatz der Musikvermittlung von der Bundesregierung ausgezeichnet – das war eine tolle Bestätigung für viel unbezahlte Arbeit. Da wir uns als Musiker selbst verwalten und von der Projektentwicklung bis zu Durchführung und Finanzierung alles selbst organisieren, lebt das Ganze natürlich noch von viel persönlichem Engagement. Aber so langsam fassen wir Fuß im Musikbetrieb und damit steigt auch die Bezahlung. Wir haben schon viel erreicht für die kurze Zeit seit unserer Gründung. Mehr Infos zu unseren Projekten gibt es unter www.ensembleruhr.de

Neben der Arbeit für das Kammerorchester bin ich auch als Cellistin für Ensemble Unterwegs aktiv. Dieses Ensemble besteht aus Sopran, Geige, Bratsche und Cello – wir sind vier Frauen, die sich im Sommer mit ihren Instrumenten, ohne Geld und Handy, auf Wanderschaft begeben. Die Geschichten, die wir erleben, erzählen wir in unseren Gesprächskonzerten, die wir deutschlandweit geben. Und die auch bezahlt sind ;)

Nebenher bin als Cellistin und Schauspielerin zum Beispiel in Theaterproduktionen tätig und unterrichte. Auf www.anna.betzl-reitmeier.de stelle ich meine Projekte vor.

 

Auf welches Papeterieprodukt möchtest Du nie verzichten?

Nur gute Bleistifte kommen für Eintragungen in Noten in Frage, ein Desk-Planer begleitet mich durch den Tag – ich liebe es, Termine handschriftlich zu verwalten. Diverse hochwertige Schachteln beherbergen meine Schätze wie Konzertflyer, Kritiken und Programmbeschreibungen vergangener Konzerte.

 

Was ist Dein aktuelles Lieblingsteil?

Ein wunderbar anzufassendes Notizheft muss all meine spontanen Projektideen und Einträge zu Musikstücken ertragen.

 

Foto: Klaus Betzl

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